Repertorisieren - Schritt für Schritt erklärt (3)

Die Polaritätsanalyse in der Repertorisation

Erleichtern können wir uns die Berücksichtigung der Polaritäten und Wertigkeiten hinsichtlich der charakteristischen Symptome, indem wir im Repertorisationsbogen neben jedem Symptom eine Spalte für das gegenpolare Symptom anlegen, in wir im Anschluß an unsere "normale" Repertorisation die eventuellen Wertigkeiten der Mittel in den jeweiligen gegenpolaren Rubriken eintragen. Wenn das Mittel in der gegenpolaren Rubrik nicht vertreten ist oder es keine gegenpolare Rubrik gibt - um so besser, das erspart uns Arbeit. Haben wir die Einträge vorgenommen, erkennen wir leicht, ob es Gegenanzeigen nach Bönninghausen geben könnte - vorausgesetzt die deutliche Ausprägung des schwachen Gegenpols eines charakteristischen Arzneisymptoms beim Patienten. Im Repertorium von Bönninghausen (TTB) sind alle Symptome charkateristische Symptome, in den auf dem Kent aufbauenden Repertorien gibt es auch viele nicht charakteristische Symptome.

Prüfen sollten wir alle Mittel, die beim Patienten mit Wertigkeit 1 oder 2 vermerkt sind und in der gegenpolaren Rubrik eine Wertigkeit von 3 oder 4 aufweisen.

Bönninghausen ist aber noch weiter gegangen, um mit Hilfe der Polaritäten die Mittel einzugrenzen. Bei der normalen Repertorisation haben wir die Quersumme der Wertigkeiten berechnet. Nun berechnen wir noch die Quersumme sämtlicher gegenpolaren Wertigkeiten. Die Differenz zwischen beiden Summen (Summe der Wertigkeiten beim Patientensymptom minus Summe der Wertigkeiten der gegenpolaren Rubriken) ist der sog. Polaritätsgradient. Ist der Gradient negativ, ist das Mittel nicht geeignet. Ansonsten gilt: je höher der Wert, umso besser ist die Arznei geeignet.

Die nachfolgende Repertorisation verdeutlicht, wie sehr man sich aus Freude darüber, dass ein Mittel alle Symptome abdeckt, in der Arzneiwahl vergaloppieren kann. Ein Mittel, dass alle Patientensymptome abzudecken scheint, kann sich durch die Analyse der Polaritäten als ungeeigneter herausstellen als ein anderes, das auf den ersten Bick weniger geeignet erschienen ist.


Repertorisation mit gegenpolaren Rubriken



Spalten Sy1-4: Hinter dem waagerechten Strich steht die Wertigkeit des Mittels in der gegenpolaren Rubrik.

Spalte H: (Summe der Wertigkeiten der Symptome des Patienten) - (Summe der Wertigkeiten der gegenpolaren Rubriken) = Polaritätsgradient

Hier sieht man, dass sich - wenn man überhaupt von einer Rangfolge der Mittel sprechen möchte - sich diese je nach Analysemethode verändern kann. Die zunächst passend erscheinenden Mittel A und D fallen nun heraus, die beiden anderen Mittel decken nicht alle Symptome ab.

Kleine Mittel......

Mittel am Anfang ihrer homöopathischen Laufbahn oder sehr selten geprüfte und eingesetzte Mittel (sog. kleine Mittel) können sich naturgemäß noch nicht mit Hunderten von Symptomen und hohen Wertigkeiten in den Rubriken des Repertoriums (Kent, Synthesis, Complete) niedergeschlagen haben. Auch die Polaritäten haben sich noch nicht so deutlich gezeigt. Die kleinen Mittel sind unterrepräsentiert im Repertorium. Was aber nicht heißt, dass sie nicht das passende Mittel stellen können. Es ist sehr unwahrscheinlich aber nicht unmöglich. Wir müssen im Einzelfall bei der Beurteilung der Ergebnisse unserer Auswertung also auch berücksichtigen, ob ein großes Mittel (ein sog.Polychrest) oder ein kleines Mittel mit geringen Wertigkeiten vertreten ist. Für ein kleines Mittel muss das kein Ausschlußkriterium sein.

Und dann gibt es da in den auf dem Kent aufbauenden Reperorien noch sehr seltene, sehr spezielle Symptome mit nur einem Mittel. Sie sind in Unterrubriken (oder Unterrubriken der Unterrubriken) zu finden.

.......und sehr spezielle Symptome

Ich möchte noch einmal auf die speziellen und sehr seltenen Symptome eingehen.

Seltene Symptome treten selten auf und werden demzufolge auch selten beobachtet und selten geheilt!

Vor lauter Freude über einen passenden Fund sollte man sich nicht von vorne herein auf dieses Mittel versteifen und lieber zunächst eine übergeordnete größere Rubrik in die Repertorisation aufnehmen.

Fazit:

Jede Maßnahme, die die Mittelwahl einschränkt, kann im Einzelfall am heilenden Mittel vorbeiführen. Also sollte man sich gut überlegen, mit welchen Symptomen/Rubriken man wie repertorisiert. Es ist besser nach der Repertorisation 5 Mittel übrig zu haben, die in Frage kommen könnten, als nur eines, das dann näherer Prüfung nicht Stand hält.

Die Repertorisation kann niemals besser sein als die geleistete Vorarbeit hinsichtlich Symptomen- und Rubrikenwahl und evtl. Hierarchisierung der Symptome.

Sie kann die Arzneimitteldifferenzierung erleichtern aber NIEMALS abnehmen. Die Repertorisation ist eine wichtige Hilfestellung zur Mittelwahl - nicht mehr und nicht weniger.

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